„Über 90 Prozent der Herzinsuffizienz-Erstdiagnosen finden im Spital statt. Hier bedarf es dringend einer Verlagerung in Richtung früherer Diagnosen durch den extramuralen Bereich“, mit diesen Worten eröffnete die Gastgeberin des Abends, Salon A-Obfrau, Mag. pharm. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr, gemeinsam mit a.o. Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres, dem Präsidenten der Wiener Ärztekammer, die erste gemeinsame Sitzung der Gesellschaft der österreichischen Apotheker, Salon A, mit der Wiener Ärztekammer. Unter reger Beteiligung von Vertretern beider Berufsgruppen wurden Verbesserungsvorschläge in der Betreuung von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz (HI) diskutiert.
„Die Herzinsuffizienz ist die Endstrecke aller kardiologischen Erkrankungen und hat häufig ihre Wurzeln in unzureichend behandelten Vorerkrankungen wie Diabetes, Vorhofflimmern, Bluthochdruck, Herzklappenschäden oder einem überlebten Herzinfarkt. Zusammen mit der Tatsache, dass es sich um eine ältere, komorbide Patientengruppe handelt, ist in der Behandlung eine interdisziplinäre Zusammenarbeit unerlässlich“, erklärte Univ.-Doz. Dr. Martin Hülsmann, Leiter der Herzinsuffizienz-Ambulanz am Wiener AKH, in seiner Keynote zum Auftakt der Veranstaltung.
„Bei den Kosten für die Herzinsuffizienz fallen noch immer zwei Drittel auf die Hospitalisierung. Dabei ist diese Erkrankung bestens für eine ambulante Behandlung geeignet, die man im niedergelassenen Bereich durchführen sollte“, betont Hülsmann. Als Grund für die Spitalsaufenthalte benannte er die späte Erkennung der Krankheit und die nicht effiziente Behandlung. „Das ist Ausdruck der schlechten und unambitionieren Betreuung, die wir haben“, fasste Hülsmann die Situation zusammen. Zudem zeigen Statistiken, dass teilweise in den Spitälern die Medikamentenverschreibung zurückhaltender ist als notwendig und zudem die Adherence-Rate schon kurz nach einem einschlägigen Spitalsaufenthalt stark abnimmt. Während des weiteren Krankheitsverlaufes sinkt diese noch weiter. „Damit ist die Rehospitalisierung schon vorprogrammiert“, sagt Hülsmann. Um hier gegenzusteuern, regt er die Implementierung eines multidisziplinären Disease-Management-Programms an, das möglichst patientennah anzusiedeln wäre. Als zentrale Anlaufstelle würden sich in vielen Fällen die Hausärztinnen und -ärzte anbieten. Entscheidend ist aber ein nichthierarchischer interdisziplinärer Zugang, bei dem jeder Beteiligte seine Kompetenzen kennt und lebt. Dies stellt allerdings in Österreich einen Kulturbruch dar, wo heute noch, laut Hülsmann, josephinische Hierarchien innerhalb und zwischen den Berufsgruppen im Gesundheitssystem gelebt werden. In wieweit der Computer im Sinne telemedizinischer Methoden eine Rolle als gleichberechtigter Partner hat, ist heute noch ungeklärt. Viele Studien zeigen, dass der direkte persönliche Kontakt und Informationsaustausch entscheidend ist, um klare Behandlungsalgorithmen zu implementieren.
Extramurale Ärzte und Apotheken in Österreich haben gemeinsam täglich 700.000 Patientinnen- und Patientenkontakte. Damit ließe sich ein durchaus engmaschiges Netz in der Erstdiagnose und der laufenden Therapie vor Ort knüpfen. „Wir haben prinzipiell Möglichkeiten und die Ausbildung, um Aufgaben im Rahmen einer Verlagerung aus dem Spitalsbereich zu übernehmen“, betonten Salon A-Obfrau, Mag. pharm. Dr. Mursch-Edlmayr, und der Präsident der Wiener Ärztekammer, a.o. Univ.-Prof. Dr. Szekeres, unisono und meinen weiter: „Gemeinsam können wir es schaffen, binnen fünf Jahren die Zahl der Erstdiagnosen im Spital deutlich zu reduzieren und schon deutlich früher ansetzen. Wünschenswert wäre, eine Halbierung der bisher erst im Spitalsbereich durchgeführten Diagnosen zu erreichen“.
Frühe Diagnose erwünscht
Prinzipiell sieht a.o. Univ.-Prof. Dr. Szekeres die Funktion der Hausarztpraxen als zentrale Anlaufstelle für HI-Erkrankte und die damit einhergehende Verlagerung der Betreuung von Niedrigrisikopatienten aus den Ambulanzen in den niedergelassenen Bereich als begrüßenswert. Er monierte allerdings, dass derzeit die Schnelllabor-Diagnostik mittels nt-proBNP von HI-Patienten in der Praxis durch die Krankenkassen nicht übernommen werde. Damit ließe sich binnen kurzem abklären, ob der Erkrankte im niedergelassenen Bereich oder in einem Spitalsumfeld betreut werden kann bzw. muss. Das würde helfen, die Erkrankung früher zu erkennen und nur wirklich schwere Fälle weiterzureichen. „In Zeiten, in denen die hohen Spitalskosten kritisiert und zugleich die Ambulanzen reduziert werden, wäre dies ein sinnvoller Weg, Kosten zu sparen“, so der Wiener Ärztekammer-Präsident. Er gab zudem zu bedenken, dass derzeit die Zahl der jungen Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner im niedergelassenen Bereich dramatisch gering ist. Die mangelnde Attraktivität des Berufsbildes liege nicht nur an den teils schwierigen Rahmenbedingungen wie überbordende Bürokratie und überfüllte Wartezimmer, sondern auch in der im Vergleich zu Fachärzten deutlich geringeren Bezahlung.
„Wir Apothekerinnen und Apotheker können uns sowohl im Rahmen der Früherkennung als auch beim Halten der Erkrankten bei der Therapie einbringen. Wir sind typischerweise Erstanlaufstelle für Gesundheitsfragen in Österreich“, fasste Salon A-Obfrau Mursch-Edlmayr zusammen. Man sehe die Kundinnen und Kunden laufend und damit auch schleichende Verschlechterungen. Hier gelte es durch gezielte Fragen zu screenen und zu entscheiden, ob nicht vorsorglich eine ärztliche Untersuchung nötig wäre.
Bezüglich der Adherence meinte die Salon A-Obfrau: „HI-Patientinnen und -Patienten benötigen, wie alle chronisch Kranken, vor allem eines: Motivation“. Gerade die E-Medikamentation biete hier eine gute technische Voraussetzung, die helfen kann, die Medikamenten-Einnahme-Disziplin zu verbessern. Und durch interdisziplinäre Kooperationen bestünde auch eine gute Voraussetzung chronisch kranken Patientinnen und Patienten zu führen.
HI im Bewusstsein verankern
Während das Bewusstsein in der Bevölkerung vor den Anzeichen eines Herzinfarkts, nicht zuletzt durch entsprechende Aufklärungskampagnen, durchaus hoch ist und sich Patientinnen und Patienten meist schon beim ersten Verdacht untersuchen lassen, werden die Symptome der Herzinsuffizienz wie eingeschränkte Leistungsfähigkeit, Wassereinlagerungen und Atemnot oft dem fortgeschrittenen Alter zugeschrieben und einfach hingenommen. Dadurch kommt es meist erst in einem weit fortgeschrittenen Stadium zu einer Diagnose. Das deckt sich auch mit den Ergebnissen der Umfrage für den ersten HI-Patientenberichts aus 2018: Mehr als die Hälfte der Patientinnen und Patienten hören von der Erkrankung Herzinsuffizienz erstmalig, wenn sie ins Spital kommen. Dabei ist die Herzinsuffizienz, wie ein etwa 6.000 Jahre alter Papyrus unter der Beschreibung: „Herz zu müde, um zu sprechen“ zeigt, schon im antiken Ägypten bekannt gewesen. Allerdings wurde die Erkrankung lange Zeit weitgehend ignoriert, da es bis vor 30 Jahren keine adäquaten Therapien gab. Dies hat sich allerdings in den letzten Jahren radikal geändert. Derzeit hinkt die Evolution des Bewusstsein der therapeutischen Evolution im Bereich der HI weit hinterher.
„Aber um ein entsprechendes Problembewusstsein für die Erkrankung in der Bevölkerung und einer höheren Disziplin bei der Medikamenten-Einnahme, zu erreichen, bedarf es einer One-Voice Politik von allen im System beteiligten“, schloss Salon A-Obfrau Mag. pharm. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr.
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