Die Pflege wird sowohl in Bezug auf die Versorgung als auch in Bezug auf die Finanzierung eine der größten Herausforderungen für das österreichische Versorgungssystem werden. Die teilnehmenden Expertinnen und Experten am Gipfelgespräch zum Thema Pflege und Betreuung sehen die derzeit schwierige Situation zugleich als Chance, die Rahmenbedingungen dahingehend anzupassen, dass die Berufsbilder attraktiver und die Befugnisse so angepasst werden, dass eine personelle Entlastung des Gesundheitssystems möglich wird.
Das österreichische Gesundheitssystem steht vor der Herausforderung, dass die Bevölkerung älter wird und vor allem die derzeit größte Bevölkerungsgruppe, jene der Babyboomer-Generation, das Pensionsalter erreicht und somit in den nächsten 10 bis 20 Jahren der Pflege- und Betreuungsbedarf deutlich steigen wird. Verschärfend auf den sich abzeichnenden Engpass in der Pflege wirkt auch, dass die jüngeren Generationen auf Grund der eigenen Berufstätigkeit deutlich weniger Zeit haben wird, Angehörige zu Hause zu pflegen. Studien zeigen aber auch, dass sich nach wie vor viele Menschen wünschen, zu Hause gepflegt und betreut zu werden.
Eine weitere Verschärfung der Personalsituation in der Pflege besteht darin, dass viele Fachkräfte nach 10 Jahren nicht mehr im Beruf tätig sind. Die Ursachen dafür liegen in der hohen Arbeitsbelastung und der gleichzeitig schlechten Entlohnung. Die Expertinnen und Experten waren sich einig, dass es daher einer Reform der Rahmenbedingungen bedarf. Die aktuelle Kollektivvertragseinigung mit einer Reduktion auf 37 Stunden wurde als Schritt in die richtige Richtung gesehen. Allerdings würde es noch mehr brauchen, um ausgebildete Pflegekräfte wieder zurückzugewinnen und neue Kräfte zu gewinnen.
Potenziale besser nützen
Die Ausbildung und Kompetenz der Gesundheits- und Krankenpflege wird prinzipiell als gut erachtet, allerdings wird das Know-how der Fachkräfte in der Praxis zu wenig genützt, um zum Beispiel von Medizinerinnen und Medizinern delegierte Aufgaben eigenständig durchführen zu dürfen. Die Expertinnen und Experten waren sich aber einig, dass die Herausforderungen nur durch ein engeres Miteinander auf Augenhöhe zu bewältigen sein werden. Dazu müssen aber die Kompetenzen nachgeschärft werden und es eine klare Organisationsstruktur geben. Um die Versorgung flächendeckend zu gewährleisten, sollte in Österreich an den weiteren Ausbau von Community Nurses gedacht werden. Ebenso sollten die Einsatzmöglichkeiten der mobilen Pflege und Betreuung verstärkt genutzt werden. Potential sehen die Expertinnen und Experten ebenfalls in einer intensiveren Zusammenarbeit des ärztlichen Personals mit Pflegekräften in Pflegeeinrichtungen. Knackpunkt sowohl in Institutionen als auch im Krankenhaus sei der Personalschlüssel. Hier müsse das Verhältnis Pflegekraft zu den zu betreuenden Personen deutlich angepasst werden, nur so sei qualitätsvolles Arbeiten möglich und einer beruflichen Überforderung der Pflegekräfte vorzubeugen.
Durchaus kritisch wird die nach wie vor gelebte Praxis in den Bundesländern gesehen, dass Pflege und Gesundheit in den meisten Landesregierungen in unterschiedlichen Ressorts angesiedelt sind. Aus Sicht der Expertinnen und Experten wäre eine Pflegefinanzierung aus einer Hand sinnvoll. Statt einer Valorisierung des Pflegegeldes sollte verstärkt ein Sachleistungssystem aufgebaut werden. Darüber hinaus ist eine Entkoppelung der Leistungen von der Pflegestufe anzudenken, damit der Patient die optimalste Versorgung dann bekommt und sie für ihn leistbar ist, wenn er sie tatsächlich benötigt, unabhängig von seiner Einstufung.
Beim Themenkreis Pflege & Betreuung für das Weißbuch „Zukunft der Gesundheitsversorgung“ wirken u.a. mit: Dr. Gerald Bachinger, Dr. Günter Dorfmeister, MBA, Ursula Frohner, Mag. pharm. Gebhard Hauser, Andreas Huss, MBA, Mag. Dr. Werner Kerschbaum, Mag.pharm. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr, Bakk. Anna Papaioannou, Dr. Erwin Rebhandl, Mag. pharm. Jürgen Rehak, Mag. Silvia Rosoli, Hon.-Prof. (FH) Dr. Bernhard Rupp, Mag. Martin Schaffenrath, MBA, MBA, MPA, Mag. Kurt Schalek, Mag. Doris Stelzhammer, Mag. pharm. Thomas W. Veitschegger (Stand 02.04.2020)
PRAEVENIRE Weißbuch „Zukunft der Gesundheitsversorgung“
„Wir konnten bereits für ein Drittel der geplanten 15 Themenkreise die finale Phase abschließen. Ziel ist dabei das Erreichen eines Konsenses von zumindest 75 Prozent über die Vorschläge und Inhalte unter den mitwirkenden Expertinnen und Experten sowie Kooperationspartnern. Ich möchte mich bei den Mitwirkenden aller Themenkreise bedanken, dass sie, trotz der derzeitigen Situation, mit großem Engagement an der Erstellung des Weißbuches arbeiten“, so PRAEVENIRE Präsident Dr. Hans Jörg Schelling.
Bis Ende April finden zu den 15 Themenkreisen die abschließenden Gipfelgespräche statt. Im Mai erfolgt im Rahmen der 5. PRAEVENIRE Gesundheitstage im Stift Seitenstetten die Präsentation und Diskussion des Weißbuchs „Zukunft der Gesundheitsversorgung“ (Version 2020) durch PRAEVENIRE Präsident Dr. Hans Jörg Schelling. Auch wird im Mai die Übergabe des Weißbuchs an die Bundesregierung und die Landesregierungen erfolgen.
5. PRAEVENIRE Gesundheitstage im Stift Seitenstetten
Die 5. PRAEVENIRE Gesundheitstage im Stift Seitenstetten finden vom 27. – 29. Mai 2020 statt. In diesen Tagen wird der Verein PRAEVENIRE mit dem Weißbuch „Zukunft der Gesundheitsversorgung“ Version 2020 sowohl erste Vorschläge zur Optimierung der Gesundheitsversorgung präsentieren als auch mit Top-Expertinnen und –Experten an einer Weiterentwicklung arbeiten. Informationen zu Programm und Anmeldung unter www.praevenire.at
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